Der SPD-Renten-Kompromiß ist positiv. Er reicht aber nicht.

01. November 2012

Der SPD-Renten-Kompromiß ist positiv: http://www.spd.de/aktuelles/80022/20121029spdwillrentenniveausichern.html

Er reicht aber nicht, um die Altersarmut wirksam zu bekämpfen. Eine Erwerbstätigenversicherung, ein flächendeckender Mindestlohn und insgesamt höhere Löhne und Gehälter sind dringend notwendig.

Altersarmut ist jetzt schon weit verbreitet und sie ist vor allem weiblich. Darf das der "Dank" für eine Lebensleistung sein, für jahrzehntelange Berufstätigkeit und Familienarbeit?

Nach der Finanzkrise stellt sich die Frage, ob der Einstieg in die private Vorsorge richtig war. Ist da nicht sinnvoller die Rentenversicherung wieder zu stärken und zur Erwerbstätigenversicherung umzubauen, in die alle Erwerbstätige einzahlen?

Hier ein Antrag, den ich zusammen mit den Bundestagkandidaten Florian Post und Christian Vorländer auf dem Parteirat der Münchner SPD eingebracht habe.

Standpunkte der München-SPD zur Rentenpolitik:

Die Rente muss zum Leben reichen – auch in München!

Die Münchner SPD begrüßt die neue Diskussion über die Rentenpolitik in der SPD. Wir sehen darin die Chance für einen Neuanfang und die Chance für eine Beseitigung früherer Fehler. Die bisherigen Vorschläge des SPD-Vorstands sind nur ein Anfang, denn immer noch droht die Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent.

Die derzeitige Rentenpolitik bedeutet für Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihr Leben lang in die Rentenversicherung eingezahlt haben, zweierlei:

• sozialer Abstieg statt einer Sicherung des Lebensstandards und

• für viele, für viel zu viele, den Absturz in die Altersarmut.

Das ist das Ergebnis einer falschen Rentenpolitik quer durch alle Parteien und der negativen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und bei den Einkommen. Vor dem Hintergrund einer immer stärkeren Konzentration der Einkommen und Vermögen bei den oberen 10 Prozent der Gesellschaft akzeptieren viele Menschen die Kürzungen und Zumutungen bei der Rente aber nicht mehr. Sie erwarten gerade von der SPD ein Rentenkonzept, das ihren Interessen, ihrer Lebenslage und Lebensleistung Rechnung trägt.

Deswegen stellt die Münchner SPD folgende rentenpolitische Forderungen:

• Vorfahrt für die gesetzliche Rentenversicherung und die paritätische Finanzierung der Rentenbeiträge zu gleichen Teilen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Beitragsdeckelung zugunsten der Unternehmen muss beendet werden.

• Die Förderung der privaten Altersvorsorge wird beendet. Dabei gilt Bestandsschutz. Die dadurch frei werden Mittel werden der Rentenversicherung zur Verfügung gestellt. Private Vorsorge ist erwiesenermaßen die schlechtere Lösung. Sie wird allein von den ArbeitnehmerInnen finanziert, soweit sie selbst überhaupt ansparen können. Ihre Rentenbeiträge steigen damit einseitig. Private Vorsorge rentiert sich nicht, wie das Beispiel der Riesterrente deutlich zeigt. Und sie ist unsicher, wie die Finanzmarktkrise gezeigt hat.

• Die Rente muss für das Leben im Alter reichen und den Lebensstandard sichern. Das bedeutet ganz aktuell: Das gesetzliche Rentenniveau darf auf keine Fall unter die derzeit gültigen 51 Prozent fallen.

• Die Rente muss auch bei Erwerbsminderung oder jahrelanger Teilzeitarbeit ein armutsfestes Rentenniveau garantieren.

• Damit auch Selbständige und andere nicht abhängig Erwerbstätige im Alter abgesichert sind, fordern wir die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung auch bei der Rente. Alle berufsständischen Altersversorgungen werden - bei Bestandsschutz - mittelfristig in die Erwerbstätigenversicherung überführt.

• Die Erwerbstätigenversicherung muss bei der Beitragsermittlung alle Einkünfte berücksichtigen, zum Beispiel auch Zins-, Miet- und Pachteinkünfte.

• Niedriglöhne und prekäre Beschäftigung führen zu Armutsrenten. Deswegen brauchen wir ordentliche Bezahlung, gesichert durch einen flächendeckenden Mindestlohn und die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen.

• Die Rente mit 67 ist derzeit völlig unrealistisch und daher politisch nicht umsetzbar. Viele ältere Menschen finden derzeit weder eine Anstellung, noch sind sie gesundheitlich, physisch wie psychisch, in der Lage so lange zu arbeiten. Im Moment ist die Rente mit 67 deswegen nur ein verdecktes Rentenkürzungsprogramm.

• Wer will, dass die Menschen länger arbeiten können und wollen, der muss dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen nicht zur Berufsunfähigkeit führen und Erwerbstätige krank machen.

• Auch die Mentalität vieler Arbeitergeber muss sich ändern: Nur wenn Ältere auch auf dem Arbeitsmarkt wieder mehr Wertschätzung erfahren und überhaupt eingestellt werden, macht eine Diskussion über eine längere Lebensarbeitszeit überhaupt Sinn.

• Wir sehen die betriebliche Altersversorgung als ein zusätzliches Standbein. Sie kann aber eine ausreichende gesetzliche Rente nicht ersetzen. Wir wollen, dass alle Menschen nach einem Arbeitsleben ohne Angst vor Armut oder sozialen Abstieg ihren Lebensabend ohne Abstriche bei der Lebensqualität verbringen können.

Eine Entwicklung, in der einige Wenige immer mehr haben, die große Mehrheit aber trotz lebenslanger Arbeit im Alter auf 43 Prozent des letzten Bruttoeinkommens oder gar auf die Sozialhilfe („Grundsicherung“) zurückfällt, ist für uns nicht akzeptabel.

Erst wenn die Rente den Lebensstandard sichert und die Mehrzahl der Erwerbstätigen auch im Alter noch leistungsfähig ist, kann man über eine Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit diskutieren. Mehr individuelle Lebensqualität entsteht dabei aber nur, wenn sowohl längeres wie kürzeres Arbeiten möglich ist, ohne dass dadurch Armut oder gesundheitliche Beeinträchtigung drohen.

Über viele Jahre wurde die öffentliche Debatte über die Zukunft der Rente sehr stark von den Gewinninteressen der Finanzmärkte bestimmt. Die unbestreitbare demografische Entwicklung – weniger Geburten, immer mehr alte Menschen – wurde missbraucht, um das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung zu untergraben. Dabei ist das Rentenniveau nicht allein abhängig von der Zahl der Geburten, sondern vor allem auch von der Zahl der Erwerbstätigen, der Entwicklung der wirtschaftlichen Produktivität und der Einkommensverteilung abhängig. Leider hat sich auch die Politik allzu oft auf die schiefe Bahn demografie-fixierter Debatten begeben.

Wir wollen mit unseren Forderungen dazu beitragen, die Interessen der Menschen und die realen Bestimmungsfaktoren für die Alterssicherung wieder in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion zu rücken.

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