Zweite Stammstrecke: Das große Schweigen bei CSU und Freien Wählern

13. Juli 2022

Bernreiter hat das Ausmaß der Kostenexplosion und Bauverzögerung bei dem Nahverkehrsprojekt in München monatelang verschwiegen – SPD-Fraktionsvorsitzender Florian von Brunn fordert parlamentarische Untersuchung.

In Bayern wird offenbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit regiert. Schon seit Herbst 2021 weiß man im Hause Bernreiter von den immensen Kostensteigerungen und Terminverzögerungen bei der zweiten Stammstrecke, das musste der Minister heute im Verkehrsausschuss des Landtags einräumen. Die Notwendigkeit, darüber die Bürgerinnen und Bürger zu informieren, sah er viele Monate lang nicht. Erst vor kurzem gab Bernreiter das Fiasko bekannt – zufällig genau dann, als Bundesverkehrsminister Volker Wissing zum Gespräch eingeladen war (das dann abgesagt wurde). „Die CSU-Freie-Wähler-Koalition wusste mindestens seit November 2021 Bescheid. Niemand hat etwas gesagt, und es wurde kaum etwas unternommen, um das Fiasko noch abzuwenden“, ärgert sich Florian von Brunn, der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion. „Nun stellt sich die Frage: Wusste man das vielleicht schon vor der Bundestagswahl? Das müssen wir dringend parlamentarisch untersuchen“.

Das Motto der CSU lautete offenbar lange Zeit: Nichts hören, nichts sehen – und bloß nicht nachfragen. Denn die Kostensteigerungen sind ja zweifellos nicht über Nacht entstanden, sondern das Ergebnis einer Entwicklung über Jahre. Bernreiter, dessen Ministerium Auftraggeber des Projekts ist, weist jede Verantwortung dafür mit einer bemerkenswerten Wurstigkeit von sich. Mit dem flapsigen Hinweis, er sei nicht als Sachbearbeiter für die zweite Stammstrecke engagiert worden und überhaupt noch nicht so lange im Amt. „So kann man mit dem wichtigsten Nahverkehrsprojekt Bayerns nicht umgehen“, erklärt Inge Aures, die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. „Die Stammstrecke ist ein maßgeblicher Baustein für das politische Ziel, die Pendler aus drei Regierungsbezirken vom Auto auf die Schiene zu locken“. Die SPD steht daher nach wie vor fest hinter dem Projekt.

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