Corona-Ausgangsbeschränkung: Rechtliche und soziale Verbesserungen sind dringend notwendig

29. März 2020

Ich finde, Nachbesserungen und eindeutige rechtliche Klarstellungen in der Verfügung zur Ausgangsbeschränkung sind jetzt notwendig.

Ja, soziale bzw. besser: körperliche Distanz ist im Moment enorm wichtig. Das ist für mich keine Frage. Die Corona-Pandemie bedroht uns alle. Aber trotzdem sind wir ein Rechts- und Sozialstaat. Die Vorschriften für die Ausgangssperre müssen dem gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung dienen, aber auch verhältnismäßig sein.

Hier habe ich bei einigen Regelungen große Zweifel. Es kann vor allem nicht sein, dass über die konkrete Umsetzung der Innenminister und die Polizei nach Gutdünken entscheiden. Schließlich geht es um erhebliche Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte der Menschen. Das muss viel klarer geregelt werden.

Der Aufenthalt im öffentlichen Raum, also auf Straßen, Wegen und Plätzen, und in der Natur muss unter Beachtung der Pandemie-Regeln – Abstand von mindestens 1,5m – alleine, mit dem Partner und der Familie grundsätzlich möglich sein. Die Einschränkung, dass man Sport treiben oder Spazierengehen muss, ist meiner Ansicht nach falsch. Viele Menschen gerade in der Stadt haben keinen Garten und oft auch keinen Balkon. Was spricht dagegen, wenn sie sich alleine auf eine Bank in die Sonne setzen oder mit ihren Kindern alleine in der Wiese sitzen (wenn es nicht gerade im Englischen Garten ist)?

Gerade wenn die Ausgangsbeschränkungen länger andauern, müssen sie nachvollziehbar und mit sozialem Blick auf die Dinge erfolgen – und nicht willkürlich. Es kann auch nicht im Belieben der Polizei stehen, wie lang ein Spaziergang oder eine Radtour sein darf. Es gibt keinen vernünftigen medizinischen Grund hier eine Beschränkung zu fordern – ganz im Gegenteil. Das heißt für mich aber selbstverständlich nicht, dass sich jetzt alle an Hotspots drängen sollten.

Wir sollten außerdem prüfen, ob Besuche in eng umgrenztem Rahmen und generell der Aufenthalt draußen mit einer zweiten Person erlaubt werden können. Warum? Weil wir meines Erachtens alleinstehende Menschen nicht wochenlang zu totaler Einsamkeit verurteilen können. Vor allem, wenn die Beschränkungen bis zum 20. April oder länger andauern. Das finde ich unmenschlich. Hier muss geprüft werden, ob das anders geregelt werden kann. Denn in fast allen anderen Bundesländern ist es erlaubt, einen Bekannten in der Öffentlichkeit zu treffen. Nur in Bayern und Sachsen nicht. Vor allem für alleinstehende Menschen und für Alleinerziehende ist das sehr wichtig.

Ich halte es außerdem für problematisch, dass kein unbeschränkter Zugang zu Rechtsanwälten möglich ist. Es ist in einem Rechtsstaat nicht akzeptabel, dass am Ende die Polizei entscheidet, wer zum Anwalt gehen darf. Das muss sofort geändert werden. Außerdem muss der Zugang zu Beratungs- und Hilfeeinrichtungen wie Frauenhäusern und Kinderschutzeinrichtungen möglich und ausdrücklich erlaubt sein. Schließlich ist zu befürchten, dass die Ausgangsbeschränkung zu mehr häuslicher Gewalt führt! Auch das muss in der Verordnung hinterlegt werden.