Fleisch aus Schlachthöfen mit Corona-Infektionen zurückrufen

17. Juli 2020

SPD-Verbraucherschützer Florian von Brunn wirft Staatsregierung mangelnden Verbraucherschutz vor: „Die haben Angst vor der Schlachterlobby“

Derzeit darf Fleisch aus Schlachthöfen mit Corona-infizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Bayern ganz einfach weiter ausgeliefert und verkauft werden, wie eine parlamentarische Anfrage des SPD-Verbraucherschützers Florian von Brunn ergeben hat. Der Landtagsabgeordnete hält das für falsch: „Das Bundesinstitut für Risikobewertung schließt es nicht aus, dass das Virus von erkrankten Mitarbeitern auch auf das Fleisch übertragen wird. Deshalb sollten wir lieber vorsichtig sein und kein Risiko eingehen.“ Aufgrund der niedrigen Temperaturen gibt es an Schlachthöfen besonders günstige Bedingungen für das Corona-Virus.

Die Staatsregierung argumentiert in ihrer Antwort auf die Anfrage, dass es bislang keine eindeutig nachgewiesenen Fälle über Corona-Erkrankungen durch infiziertes Fleisch gebe und sieht deshalb keine Notwendigkeit für Auslieferungsstopps oder Rückrufe. Von Brunn hat für diese zögerliche Haltung kein Verständnis: „Der Staat muss in Ausbruchssituationen an Schlachthöfen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbrauchern die Notbremse ziehen. Mir reicht hier schon die mögliche Gefahr. Außerdem ist allein die Vorstellung ekelerregend, dass mit Corona infizierte Arbeiter, die möglicherweise Halsweh und Fieber haben, Fleisch zerlegen. Deswegen darf in so einer Situation zukünftig nicht mehr ausgeliefert werden!“

Die rechtlichen Möglichkeiten, solches Fleisch aus dem Verkehr zu ziehen, wären laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Zusammenhang mit dem Gammelfleischskandal vor ein paar Jahren vorhanden, betont der Verbraucherschutzpolitiker: „Bei der Bevölkerung hatte die Regierung Söder kein Problem, schnell einschneidende Maßnahmen zu ergreifen. Da wurde es Leuten sogar verboten, allein auf einer Parkbank in der Sonne zu sitzen und ein Buch zu lesen! Aber wenn es um die Schlachterlobby geht, hält sich die Staatsregierung zurück.“ Aber dieses Verhaltensmuster sei auch schon aus der Vergangenheit bekannt, kritisiert von Brunn: „Während es im Frühjahr in anderen Bundesländern bereits Corona-Massenausbrüche gab, wurde von der Staatsregierung für bayerische Betriebe kein Handlungsbedarf für die vorsorgliche Testung von Mitarbeitern gesehen – bis es zu spät war und der Massenausbruch in Bogen (Landkreis Straubing-Bogen) kam.“

„Besonders wichtig ist mir auch, dass sich der Verbraucherschutz und der Schutz der Beschäftigten in den Schlachtbetrieben vor unzumutbaren Arbeitsverhältnissen hier kombinieren lassen“, betont der SPD-Abgeordnete. „Wenn die Betriebe für den richtigen Schutz und die Hygiene am Arbeitsplatz sorgen, nutzt das den Beschäftigten und den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Diese Aspekte sollten uns wichtiger sein, als das oft auf Ausbeutung basierende Geschäftsmodell der Fleischlobby.“